4
Mai
2011

Super(oberammer)gau

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Der Sommer steht vor der Tür, und wir halten Ausschau nach Möglichkeiten zu kleinen Reisen, die nicht viel kosten, uns aber so effektiv wie möglich aus dem Alltag hinausführen. Ganz gut geht das per Bahn und Bus mit dem Bayernticket. An unserem Hochzeitstag in der vergangenen Woche haben wir einen Trip in die nahen Berge gemacht. Konkrete Pläne darf man aber mit dem Regionalverkehr in Bayern nicht haben. Es ging los damit, dass der Bus, mit dem wir aufbrechen wollten (Stadtwerke Augsburg) drei Minuten früher kam und nicht einmal anhielt, sondern an der Haltestelle vorbeibrauste. Dadurch verpassten wir unseren Zug nach München und hatten keine Aussicht mehr, in Pasing den Anschluss in Richtung Garmisch zu kriegen. Gut, dass es noch Privatbahnen gibt. Wir nahmen also den nächsten Ammersee-Zug, der zufällig gerade nicht bestreikt wurde und völlig leer war. Wegen der Video-Überwachung mussten wir auf Sex im Zug verzichten, obwohl das für unseren zweiten Hochzeitstag ja das ideale Highlight gewesen wäre, erwischten in Weilheim dann den deutlich verspäteten Pasing-Garmisch-Zug, den wir verpasst hatten, und wechselten in Murnau auf die wartende Bahn nach Oberammergau (randvoll mit Rucksäcken und dranhängenden Wanderern – überwiegend Ärzte, die ökosemmelkauend ihren mitgebrachten Sprechstundenhilfen von ihren früheren sportlichen Leistungen auf Alpenhochwanderwegen berichteten). Eigentlich wollten wir auf den Laberberg mit Deutschlands steilster Bergbahn fahren, aber es kam gerade ein Bus, der über Kloster Ettal nach Schloss Linderhof fuhr, den nahmen wir spontan, einfach wegen der schönen Landschaft, und wollten dann mittags erst auf den Berg (wenn die Laberärzte hoffentlich nicht mehr da waren). Pustekuchen – in Linderhof saßen wir erst einmal drei Stunden fest.
Den Eintritt zum Schloss und die vier getrenntsprachigen Warteschlangen (Deutsch, Englisch, Französisch, Japanisch) kann man sich sparen – durch die bayrischen Schlösser wird man ja eh nur gehetzt geführt, so dass man das Gesehene am Ansichtskartenstand später gerade noch aus der Erinnerung identifizieren kann.
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Wir besichtigten kostenlos den Park mit Skulpturen und einer stündlich für mehrere Sekunden funktionierenden Wasserfontäne und viel Landschaft drumherum, verzehrten unser mitgebrachtes Picknick (Kartoffelsalat, Würstchen, Knoblauchfrikadellen, hartgekochte Eier, frische Semmeln) auf einer Parkbank, begleitet von unverständlichen Kommentaren amerikanischer Touristen, denen ich dann erklärte, dass Hugo Boss, dessen Namen sie meist auf ihrem Hemd trugen, der Uniformschneider für Hitlers SS gewesen sei (nachprüfbar in der Wikipedia), und dann machten wir Fotos, Fotos, Fotos: Berge, Skulpturen, Leute und uns selbst), bis der Bus wieder nach Oberammergau zurückfuhr (der Fahrer war so nett und ließ alle anderen Fahrgäste warten, bis wir vor dem Einstieg unser Eis aufgegessen hatten). Tja, und hier setzte der Regen ein. So ein Gewitter in den Bergen ist was Tolles, aber es war nur kurz. Wir verzichteten dann auf die Fahrt auf den Laberberg, spazierten an bemalten Häusern entlang und besichtigten Holzschnitzarbeiten, die wie Gipsabdrücke von Heiligenfiguren aussahen, aber teurer waren als unsere gesamten Fahrt- und Verpflegungskosten für den Tag.
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Wir erstanden dann in einem Ein-Euro-Shop eine Grillzange, die beim ersten Nutzungsversuch am folgenden Tag in ihre Einzelteile zerfiel, aber das ahnten wir natürlich nicht, sondern genossen das bunte Bergdorftouristenidyll mit den (nach dem Regen) leeren Straßencafés, und ließen uns von einem freundlichen Pfandflaschensammler den Weg zum Bahnhof zeigen. Dieser hat nicht mehr das schöne alte Empfangsgebäude, sondern wurde von bayrischen S-Bahn-Designern zu einem schlichten Bahnsteig mit Gleis (das sich, weil es als einziges Gleis auf dem Siegertreppchen übrig geblieben, stolz "Gleis 1" nennen darf) umgestaltet.
Zurück im Zug, erschöpfte Ärzte neben uns, Blicke aus dem Fenster, die Berge, das Hörnle, das Murnauer Moos. Weiter über Weilheim, Tutzing, am Starnberger See entlang (schön, schön, müssen wir mal hin), zur Großbaustelle Pasinger Bahnhof, Augsburg und dann heim. Oder nein, erst mal zu Kaufland und das Fleisch für unsere neue Grillzange kaufen, dazu den passenden Grill (im Angebot für 5,99, weil nur aus Blech), und die Zange ging, wie gesagt, am nächsten Tag auf dem Balkon kaputt.
Aber schön war's.

28
Apr
2011

Arbeit, Arbeit, Arbeit!

Nach einem ganzen Winter am Schreibtisch habe ich einen Ausflug in die Arbeitswelt gemacht.
In einer Großbäckerei (Zulieferer einer großen Discounter-Kette), in welche mich eine Zeitarbeitsfirma vermittelt hat, war ich Teil einer Maschine – von früh bis spät die gleiche Bewegung im Stehen und Bücken, bis mir der Rücken weh tat und die Füße schmerzten. Aus einer Teigformstraße strömten auf Bändern handlange runde Hefeteigröllchen, und ich musste darauf achten, dass sie immer die gleiche Form hatten, gerade lagen und genügend Abstand zueinander hatten, immer zehn bis zwölf nebeneinander, auf etwa vier Metern Breite. Da die Dinger nun wirklich nicht regelmäßig aus dem Kneter tropften, sondern kreuz und quer lagen, musste ich von einer Seite zur anderen hetzen und aufpassen, dass mir kein quer liegendes oder verkrümmtes oder sonst wie missgestaltetes Ding entging, sonst würde die Käsestreumaschine, in die das Band als Nächstes lief, sie nicht richtig treffen. Hin und her springen, schnell, schnell, hinabbeugen wie in eine Tiefkühltruhe, oft ohne die Zeit, mich wieder aufzurichten. Schnell, damit mir keine Missgeburt durchgeht und unter dem Käsestreuer oder dem riesigen Backofen Schaden anrichtet. Die Hitze, die Schmerzen, die Hefe, der Mehlstaub in der Luft, Minute um Minute. Die Teigrollen in die Hand nehmen, gerade rücken oder aussortieren, wenn sie missgestaltet waren. Die Dinger sahen aus wie halbweiche blasse Pimmel und fühlten sich auch so an. Dreißig Reihen zu zehn Stück pro Minute, das sind 300 Teigröllchen, macht 18.000 in der Stunde. Wenn ich von meinen acht Stunden eine halbe Stunde Pause abziehe und noch die Sekunden einer eventuellen Unterbrechung, dann bleiben mindestens sieben Stunden, das sind 126.000 lauwarme, halbschlaffe Teigröllchen. Davon habe ich etwa ein Drittel in der Hand gehabt, um sie gerade zu rücken oder auszusortieren. 42.000 am Tag – man stelle sich vor, diese Anzahl halbsteifer Pimmel zu berühren. Meine Frau würde bestimmt auf sündige Gedanken kommen. Da werden die Hände rot vor Scham oder irgendwelchen unbekannten Backmitteln im Teig. Handschuhe gibt's nur bei Allergie, aber auch nur auf Anfrage bei Schichtbeginn.
Hinter mir in den Kisten mit dem Ausschuss fing die Hefe an, aufzugehen, und die Röllchen wurden größer, quollen auf, bewegten sich wie riesige Würmer, die versuchten, aus den Kisten zu klettern. Die mussten dann gegen Feierabend, wenn das Band endlich still stand, in den Abfall geschafft werden. Viele klebten dann am Boden, mussten abgelöst werden wie vollgefressene Riesenraupen, die sich mit vierzig Saugfüßen am Boden festhielten. Ich habe noch nie so viele Lebensmittel weggeworfen.
Lebensmittel? Ich werde mir wohl nie eins dieser Teigröllchen (später mit Käse überbacken, als Käsestangen im Angebot, immer fünf in einer Tüte) kaufen, um sie zu essen.
Eine Kollegin, die am Abend (Abend? Gemeint ist hier das ende von einer der drei Schichten – geschuftet wird rund um die Uhr. Die Dinger werden ja europaweit und bis nach Australien verkauft, zum Teil als Tiefkühlware zum Auftauen) zentnerweise Käsereste aus der Streumaschine klopfen musste, war so nett, mir eine Kiste mit Wegwerfkäse (das ist das Zeug, was man sich auf die Pizza streut) auf den linken Fuß zu stellen. Quetschung, Blase, schwarzer Fußnagel, Krankenschein, Rente. Nein, nicht Rente, sondern Kündigung – ich war ja noch in der Probezeit, und wer da krank wird, fliegt raus. Gottseidank!
Zurück an den Schreibtisch. Roman über einen Attentäter. Darauf habe ich plötzlich richtig Lust. Zwischendurch zur Erholung einen Nachmittag in den Botanischen Garten. Zwei Schmerztabletten, und der kaputte Fuß ist vorübergehend gebrauchsfähig.
Der Botanische Garten ist eine andere Welt. Gerade blühen die Tulpen, die Schwäne brüten und der Biergarten ist geöffnet. Schade – meinen Lohn bekomme ich erst in ein paar Wochen.
Im Japangarten
Endlich mal wieder eine ruhige Kugel schieben!

7
Nov
2010

In Paris

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Ein einziger Tag kann manchmal sein wie ein richtiger Urlaub. Auf den Kurztripp nach Paris hatten wir uns schon längere Zeit gefreut, auch wenn zu ahnen war, dass es anstrengend werden würde – nachts hinfahren, den ganzen Tag herumstreunen, in der nächsten Nacht zurück, alles im Bus (http://www.headlinetouristik.de/), also ohne Hotelkosten.
Die Wetterprognose war nicht günstig, und als wir nach neuneinhalb Stunden Fahrt (mit Pausen) ankamen, hat es auch leicht geregnet, und es sah so aus, als würde es das den ganzen Tag tun. Wir machten zunächst ein paar Herbststimmungsbilder an der Place Concorde und in den Tuileriengärten und kauften uns in der Metro-Station "Concorde" zwei Tagestickets für den Nahverkehr. Das Ticket "Paris Visite" kostet um zehn Euro und umfasst auch Eintrittsermäßigungen bei diversen Museen, aber wir hatten keine konkreten Pläne, sondern wollten uns einfach treiben lassen und nahmen das günstigere "Mobilis": für 5,80 Euro kann man damit einen Tag lang alle öffentlichen Verkehrsmittel in der gesamten Stadt benutzen.
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Unser Ausgangspunkt: Concorde

Zuerst ging's zur Place Pigalle, noch immer das Synonym für Vergnügungsviertel, - heute durch Massentourismus überlaufen und angeschmuddelt - von da zur nahen Station Barbès-Rochechouart, wo die Metro oberirdisch verläuft. Ein wimmelnder, vielfältiger Markt umschlang uns buchstäblich: Die Angebote und die Auswahl faszinierten uns, besonders die Fisch-Stände mit ungewohnt niedrigen Preisen (wenn man von den exotischen Spezialitäten absieht, die hier reichlich zu finden waren). Die Sonne kam durch, und vor den wenigen kurzen Schauern waren wir durch die Hochtrasse der Metro geschützt.
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Von diesem leckeren Fisch konnten wir im Bus leider nichts nach Hause mitnehmen...

Damit Analyn einen guten Überblick über die Stadt bekam, machten wir uns auf den Weg zur Sacré-Coeur-Basilika, durch verwinkelte Nebenstraßen mit verwunschenen kleinen Cafés und Läden. Vor manchem Schaufenster blieben wir stehen und bewunderten die bunten Auslagen. Diese vielen kleinen Entdeckungen und Überraschungen machen den Besuch hier immer wieder lohnend.
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Ein Schaufensterbummel ist hier wie ein Gang durchs Museum

Kreuz und quer ging's durch die Stadt, mit U-Bahn, Bus und zu Fuß, wir sahen tanzenden Indianern am Palais Chaillot zu, aßen zu Mittag in einem tunesischen Lokal an der Gare Montparnasse, besuchten eine Ausstellung über Biodiversität, wurden von offensichtlichen Trickbetrügern angesprochen (eine junge Frau "fand" am Triumphbogen zufällig vor unseren Füßen einen breiten Goldring, den sie uns selbstlos schenken wollte, weil wir ihn ja eigentlich gefunden hätten, und wir nahmen ihn nicht an, weil sie ja die Finderin sei und überdies ziemlich ärmlich gekleidet war, und sie ging dann weiter, irgendwie enttäuscht – keine fünf Minuten später kam ein junger Mann, der zufällig vor unseren Füßen einen noch größeren Goldring "fand", den er uns schenken wollte. Er war richtig sauer, als wir den Ring nicht nahmen, und stapfte ärgerlich davon, um sich dann an einer Ecke mit anderen Leuten zusammen zu setzen, die rings um den Etoile aktiv gewesen waren), und "landeten" dann schließlich am frühen Abend erschöpft in der Nähe des Eiffelturms.
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Am Palais Challiot

Das Wetter verschlechterte sich und wurde geradezu bedrohlich, verschonte uns aber, bis wir im Bus saßen – wir hatten für 21 Uhr eine "Lichterfahrt" zu den wichtigsten Touristenattraktionen gebucht. Davon bekamen wir außer einem ersten Halt am Eiffelturm überhaupt nichts mit – wir waren zu erschöpft und schliefen ein.

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Paris verlief sich am Ende in unseren Träumen.

2
Nov
2010

Was heißt eigentlich Gastfreundschaft?

Wir kommen gerade aus Paris zurück, wo wir trotz des Regens ein paar großartige Stunden verbracht haben (ein Bericht ist in Vorbereitung und kommt in den nächsten Tagen), und sind heute nach Schwabmünchen gefahren, um dort mit einem guten Freund eine kleine, preiswerte Wohnung anzusehen. Es war eine Art "Altenteil", ziemlich außerhalb der Welt, aber schnuckelig auf den ersten Blick und groß genug für uns und unsere Möbel. Die Frau, mit der wir verabredet waren, war nicht da, und ich rief sie auf dem Handy an. Die Wohnung war schon vermietet, und deshalb hielt sie es wohl nicht mehr für nötig, zu kommen. Dafür waren wir 30km angereist! Ärgerlich, zumal wir das Angebot eines Freundes angenommen hatten, uns zu fahren.
Frustriert, und um ein wenig über andere Pläne zu diskutieren, beschlossen wir, ein Bier trinken zu gehen. Nicht länger als eine halbe Stunde. An unserem Rückweg lag der "Berghof" in Augsburg-Göggingen. Ich hatte dort vor vier Jahren mal zwei Schriftsteller-Treffen veranstaltet (es gibt dort einen schönen runden Tisch in einem Erker) und bin auch mit Freunden im Sommer gelegentlich dort im Biergarten gewesen (obwohl mich an kühlen Abenden die erderwärmenden "Heizpilze" schon gewaltig genervt haben), aber heute war ich das letzte Mal da.
Wir kamen herein, die Gaststube war leer (abgesehen von dem bunt zusammengewürfelten Firlefanz, der, wie in vielen Gaststätten üblich, von der Decke baumelte) und einem weiblichen Gast im Nebenraum. Es war viertel vor sechs.
Wir wurden sofort von einer Kellnerin aufgehalten, und damit sie sich nicht erst große Mühe machte, um uns zu platzieren, sagten wir, wir kämen nur für eine halbe Stunde, um ein Bier zu trinken. Na, da war plötzlich alles reserviert! Sie war aber so gnädig, uns einen Tisch in der Raummitte zuzuweisen – sehr ungemütlich, in einer leeren Gaststube. Ich sagte, ich zöge es vor, eine Wand im Rücken zu haben, und es sei doch nur für eine halbe Stunde. Ziemlich pampig sagte sie dann: "Na, dann setzen Sie sich halt da hin." Noch während wir uns setzten, bestellten wir zwei Bier, die gleich darauf von einem Kellner mit knöchellanger Schürze gebracht wurden (wir verzichteten darauf, die Einhaltung des Eichstrichs zu beanspruchen), und als in diesem Moment Analyn von der Toilette kam, wurde sie knapp gefragt: "Wollen Sie auch was?" Sichtlich erschrocken bestellte sie ein Wasser.
Als dieses gebracht war, stellten wir bei einem Rundblick fest, dass die Reservierungen an unserem und den Nachbartischen allesamt ab 19.30 Uhr lagen. Warum konnte man uns also erst auf unser Beharren einen anderen als den winzigen Katzentisch in der Raummitte zuweisen?
Weiß der Inhaber, dass sein Personal die Tische von Dienstbeginn an rund zweieinhalb Stunden unbenutzt hält? Und dass das Personal mit einem herablassenden Tonfall Gäste vergrault? Mich sieht man da nicht wieder.
Es gibt einen Essay von Henry David Thoreau mit dem Titel "The Landlord" (was nicht "Vermieter" heißt, sondern in diesem Fall "Gastgeber").
"Nowadays the host does not admit you to his hearth, but has got the mason to build one for yourself somewhere in his alley, and hospitality is the art of keeping you at the greatest distance."Aha. Heute hält der Gastgeber seinen Gast so weit wie möglich von sich fern – schrieb Thoreau schon vor über hundert Jahren. Dabei ist er vermutlich nie im "Berghof" gewesen.
gosse
Was lernen wir daraus?

21
Sep
2010

Weilheim in Oberbayern – ein Nachmittag

Mein Bruder hatte in Peißenberg zu tun, wir kauften gemeinsam ein Bayernticket, um ihn zu begleiten. Wir hatten vor, einen schönen Nachmittag in Weilheim zu verbringen, auch wenn das Wetter nicht so toll war, und dort im philippinischen Laden einzukaufen. Ich wollte meiner Frau die kleine Stadt zeigen, in der ich drei Jahre gelebt hatte. S_S_IMGP3596
Der Augsburger Hauptbahnhof, unser heimisches "Tor zur Welt" macht auf alle, die hier ankommen, keinen guten Eindruck. Es ist düster, es gibt keine Rolltteppen und Fahrstühle, und die meisten Treppen haben nicht einmal Koffer-Transportbänder, es sei denn, man nimmt den entfernt liegenden Südtunnel, dessen Transportbänder aber auch nicht immer funktionieren und für alte Leute zu weit vom Taxistand entfernt sind.
Mit der Bayrischen Regiobahn (Pünktlich! Sauber!) ging es über Geltendorf nach Weilheim. Das Wetter war trüb und betrüblich, aber es lag nicht daran, dass ich mich schließlich fragte: Wie habe ich es hier nur drei oder vier Jahre lang ausgehalten? Die Stadt ist kühl und abweisend. Es gibt viele Verbotsschilder gegen Rasen betreten, Getränke verzehren, Grillen am Fluss... Überhaupt der Fluss: Die Ammer ist begradigt, sieht aus wie ein Kanal, und am Ufer gibt es gepflasterte oder fest geschotterte Radwege, eingefasst von kurz geschnittenem Rasen. Die Bürger mit ihren Beamtengesichtern fahren hier brav mit ihren Rädern auf und ab. In der Innenstadt gibt es viele kleine Läden, aus denen oft eine Mischung aus Esoterikhauch und Gutmenschentum dampft. Im "ein-Euro-Shop" und auch sonst wo ist alles teurer als in Augsburg. Die Stadtzeitung berichtet Langweilig-Internes. In Bahnhofsnähe gibt es (außer einem Plüschcafé)keine normale Kneipe, wo man bei einem gemütlichen Bierchen auf die Abfahrt des nächsten Zuges nach Augsburg warten kann. S_S_weilh

11
Sep
2010

Neue Reisepläne

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Wenn ich eine Weile nicht auf Reisen war, werde ich innerlich unruhig, und ich fange an, Pläne zu schmieden und sogar Preisausschreiben mitzumachen. Und diesmal hatte ich gleich zweimal Glück – acht Tage Türkei für zwei Personen im Frühjahr, und eine Tagesreise nach Paris für zwei Personen Ende Oktober – das sind doch Ereignisse, worauf ich mich freuen kann.
Erst also nach Paris – ich weiß nicht, wie oft ich da gewesen bin, aber jedes Mal war die Stadt neu und völlig anders. Zuletzt war ich vor vier Jahren dort, eine ganze Woche, bin allein auf den Spuren Rudolf Diesels durch die Stadt gestreift, um für meinen Roman zu recherchieren. Jetzt werde ich zum ersten Mal mit meiner Frau hinfahren, und ich weiß schon jetzt, der eine Tag wird gar nicht reichen für all das, was ich ihr zeigen will. Die Vorfreude lässt mich schon mal in alten Fotos stöbern.
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3
Aug
2010

Durch die westlichen Wälder zu Donderers!

Im Moment machen wir nur Kurzreisen in die nähere Umgebung, aber auch hier lässt sich Interessantes sehen und erleben. Wir sind gestern mit meinem Bruder Harald nah Krumbach gefahren, um seine Tochter zu besuchen, und haben mit ihr eine kleinen Rundgang gemacht.
Sie kann jetzt ihren Rollstuhl schon ziemlich sicher selbst steuern – erfreulich zu sehen, dass sie immer wieder Fortschritte macht. Krumbach ist ein Städtchen mit einer schönen Altstadt und einem Schloss mit Park, einem Kurviertel und vielen kleinen Gaststädten. Außerhalb der Altstadt finden sich in vielen Wohnhäusern kleine Erwerbsbetriebe – Versicherungen, Fußpflege- und Nageldesign-Praxen, Privatzimmervermietungen, Fahrradläden oder Blumengeschäfte in der Garage. Ein großes, sehr schönes Freibad mit viel Platz für die Gäste und schattigen Plätzen unter Bäumen gibt es hier, und wir haben überlegt, ob wir mal eigens deswegen hierher fahren – Krumbach hat einen Bahnanschluss und einen Linienbusverbindung direkt von Augsburg.
Schön ist auch ein Spaziergang entlang der Kammel, einem Flüsschen, das hier zum Glück noch nicht begradigt ist wie im Norden von Krumbach, sondern sich romantisch zwischen dichtem Ufergebüsch und Bäumen einher schlängelt und das bei Offingen in die Donau mündet.
Mit Susi am Ufer der Kammel
Harald mit Susi am Ufer der Kammel, rechts Analyn

Nachdem wir Susi nach Hause gebracht hatten, lautete unser Ziel "zu Donderers". Wir hatten die Gaststätte "Grüner Baum" schon lange nicht mehr besucht. Über Thannhausen, Balzhausen, Mickhausen und Reinhartshausen ging es nach Reinhartshofen. Die Landschaft hier ist leicht wellig. Auf den Kuppen der von Süden nach Norden verlaufenen Hügelketten gibt es viel schattigen Wald, in den Tälern dazwischen kleinbäuerliche Besiedlung mit hübschen, oft sehr einsam gelegenen Dörfern. Die Landschaft entstand durch das Abschmelzen der alpinen Eiszeitgletscher. Hier gibt es schön gestaltete Klöster und Kirchen zu bewundern, prächtige Bauerngärten, kleine Schlösser und idyllische Landgasthöfe – und einer davon ist "Donderers". Entdeckt habe ich ihn vor vielen Jahren beim Wandern und war gleich angetan von dem kleinen, mit Gras bewachsenen Biergarten vor dem Haus, unter schattenspendenden Kastanien. Drei Gehminuten vom Haus ist ein kleiner See. Der Gasthof wird von einer Familie bewirtet, zwei Schwestern, die mir bei Gelegenheit einmal Familienfotos zeigten – ich erkannte gleich darauf Carl Orff: "Ja, das ist der Mann von unserer Tante", hieß es bescheiden – und diese Tante war niemand anderes als Luise Rinser. Wenn ich hierher komme, fühle ich mich immer willkommen, ich bin gleich aufgenommen wie in einer Familie. Es gibt nette Gespräche, gutes Bier und einfaches, aber gutes Essen vom Lande. Empfehlenswert sind die Brotzeiten.
immer willkommen
Hier ist man immer willkommen

Meist ist gerade irgendein Fest, in das ich durch Zufall hinein gerate. An diesem Sonntag war's "Aufspielen beim Wirt" – verschiedene kleine Musikantengruppen aus der Umgebung waren gekommen, eine Blaskapelle, eine Zithergruppe, ein Akkordeonspieler, und man zeigte abwechselnd seine Freude am Musizieren. Und wurde einmal nicht aufgespielt, haben einige der Gäste zusammen gesungen. Wir haben zugehört, Atmosphäre und Bier genossen, und Analyn das gute Eis, das auf einem Bauernhof irgendwo in der Nähe hergestellt wird.
Musikanten
Hier treffen sich an jedem ersten Sonntag im Monat die Musikanten aus der Umgebung - und machen noch echte Volksmusik

Wir kommen gern immer wieder hierher – wie vor Jahren auch Roy Black, der sich hier von den Stürmen der Welt und dem Stress seines Berufs erholt hat. An seinem Lieblingsplatz am runden Tisch sieht man, wenn man genau hinschaut, ein kleines Foto mit Trauerflor, das an ihn erinnert.
Links:
http://www.naturpark-augsburg.de
http://www.gasthof-donderer.de/

21
Jul
2010

Besuch bei Stefan

Stefan T. Pinternagel ist am 13. Oktober 2009 in Augsburg gestorben. Ich kannte ihn ganz gut, als Autorenkollegen und Freund. Wir sind zusammen um die Häuser gezogen, haben gemeinsam Projekte und Veranstaltungen gemacht und uns in Autorengruppen getummelt. Einer, mit dem wir oft zusammen waren, ist Christian Hoffmann. Mit ihm traf ich mich letzte Woche im Augsburger Hauptbahnhof. Ralf, Stefans Bruder, kam hinzu, und zusammen fuhren wir zum Westfriedhof zu Stefans Grab.
Es ist kein Reihengrab mit einem Grabstein, sondern ein Urnengrab in einer Wiese, mit ähnlichen um einen Baum angeordnet, Stefan hat es selbst so gewünscht. Als wir um das Verwaltungsgebäude herum kamen, hatten wir die Wiese schon im Blick, und dahinter einen Bauwagen mit bunten Graffiti. Als wir um die Namensplatte herumstanden, sprachen wir über eine seiner letzten Geschichten – seine Freunde stellte er sich an seinem Grab vor, schilderte ein Gespräch, das ähnlich dem war, das wir nun auch führten. Zum Schluss, in Stefans Geschichte, gingen alle Besucher gemeinsam in den Biergarten. Das taten wir dann auch – im Stadtberger Hof tranken wir ein frisch gezapftes auf Stefans Wohl.


Hinweis: Das Bild wurde auf Wunsch eines der (nur halb) Abgebildeten am 19.8.2013 gelöscht

Das Foto entstand im August 2003 beim "Streetlife Festival" auf der Ludwigstraße in München-Schwabing, wo wir gemeinsam eine Lesung hatten. Es existiert nach einem Festplattencrash im Jahre 2011 nicht mehr, so dass ich es nicht erneut ohne den Gelöschten einstellen kann. Von links: (Name gelöscht), Christian Hoffmann, Stefan T. Pinternagel, Alexander Kellner.
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gelöscht!
gelöscht!
buecherdidi - 19. Aug, 19:16
Besuch bei Stefan
Stefan T. Pinternagel ist am 13. Oktober 2009 in Augsburg...
buecherdidi - 19. Aug, 19:15

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Zuletzt aktualisiert: 18. Mär, 08:41

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